Was für ein Film!
Mit seinem Beginn landet man inmitten einer italienischen Familie, die durch die Textilindustrie reich geworden ist. Ein Familienfest. Die Bediensteten (neben den Kellnern fast nur Frauen) wuseln klar koordiniert herum und bereiten das von der Dame des Hauses (Tilda Swinton) geplante Geburtstagsfest für den Patriarchen vor.
Um diese Frau wird der Film sich drehen. In Mailand, wo der Großteil der Handlung (neben San Remo) stattfindet, nennen sie alle Emma, was eigentlich gar nicht ihr richtiger Name ist. Nach und nach wird klar, dass die Tochter eines russischen Restaurateurs nach ihrer Heirat mit dem italienischen Unternehmerssohn ihre russische Identtät vollkommen abgelegt hat. Nur einmal kurz wird erwähnt, dass sie kocht, wenn sie Heimweh hat- und auf diese Tatsache baut die wirkliche Handlung auf.
Regisseur Luca Guadagnino zeigt zu erst das Bild einer praktischen, rollentreuen Ehefrau und Mutter in einer Welt voller männlicher Arroganz. Einzig Sohn Eduardo (Flavio Parenti) scheint hier eine weniger intensive Form der selbstverständlcihen Macht in sein Wesen zu übernehmen. Das Bild der Frauen in dieser Familie steht immer im Dienst der Familie und der Männer und Söhne, im erwartungs- und standesgemäßen Verhalten und in der Zuverlässigkeit. So gibt es auch eine Hierarchie von den Alten zu den Jungen, selbst Emma ist immer noch außen vor im Vergleich zu ihrer Schwiegermutter.
Der erste Ausbruch aus diesem Arrangement bildet ein Brief der Tochter des Hauses (Alba Rohrwacher) an ihren Bruder, den die Mutter findet, der von einem homoerotischen Erlebnis berichtet. Doch über solche und ähnliche Dinge wird nicht offiziell in der Familie gesprochen. Als dann Eduardo einen jungen Mann zum neuen Hauskoch etabliert, mit dem ihn eine Freundschaft und eine zukünftige Investition verbindet, dreht sich der Film.
Es bleibt nach wie vor ein Film über eine blasse, blonde Frau im italienischen Sommer, doch nun wird der Emanzipationsfilm zu einer Ode an die Sinne. Emma und der natürliche, ursprüngliche und unverdorbene junge Mann (Edoardo Gabbriellini) kommen sich näher, eine Affäre entspinnt sich. Durch ihn besinnt sie sich auf ihre Wurzeln, auf sich selbst. Bei einem großen, wichtigen Familienessen kommt es dann zum Streit mit ihrem Sohn und zur Katastrophe. Aus blanker Apathie wächst der Gedanke und schließlich der Entschluss und die Umsetzung: Freiheit und eine eigene Identität.
Doch die Handlung, so schön sie konstruiert sein mag, muss sich den Fokus teilen. 'I Am Love' ist gleichzeitig eine Liebeserklärung. An die Natur Italiens, an das Essen, an das Kochen, an die Sinner selbst. In vielen Filmen spiegelt die Natur die Stimmung der Protagonisten wieder, doch noch nie war es so intensiv, so real und nachempfindbar wie in diesem Film!!!
Der Film lebt von seinen klaren ruhigen Bildern, die von intensiven Detaiaufnahmen durchbrochen werden- trotzdem ist alles eine Einheit und fesselt die Aufmerksamkeit die gesamten zwei Studen der Laufzeit und lässt intensive Momente miterleben: ein Streit, eine Umarmung mit der treuen Bediensteten zum Zeitpunkt der Flucht, das Abnehmen aller Standeszeichen durch den Liebhaber vor dem Kuss...
Die Arbeit an dem film hat über 7 Jahre gedauert. Neben all diesem Inhalt birgt der Film auch noch einen ganz eigenen Stil- die getragene Mode, die eingeblendete Schrift, alles ist stilsicher aufeinander abgestimmt.
Es steht ausser Frage, dass Tilda Swinton, die auch als Produzentin in Erscheinung tritt, sich mit diesem Projekt einmal mehr selbst übertroffen hat! Aber auch ihre Nebendarsteller sind nicht von der Hand zu weisen. Ganz besonder sticht Alba Rohrwacher heraus. Sie könnte in Physis udn Erscheinungsweise wirkllich Tilda Swintons Tochter sein und spielt die Dezente Herausragend, soweit es möglich ist.
Ein schwer zu fassender Film, aber wirklich unglaublich, wenn auch eher ein sogenannter 'Frauenfilm'!
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